Geräusche im Modellbau


Dieselaggregat

Als ich den Lastkahn MONIKA und den italienischen Hafenschlepper AKRAGAS baute, gab es noch keine geeigneten, digitalen Geräusche zu kaufen. Beide Schiffe sollten aber ein druckvolles Dieselgeräusch erhalten. Die analogen Bausteine hierzu waren ohne Ausnahme mangelhaft: sie entwickelten keinen ernstzunehmenden Sound. Nur mit sehr viel Filteraufwand hätte man da noch etwas erreichen können. Auch die mögliche Synchronisation mit der Motordrehzahl war mangelhaft. Es funktionierte prinzipiell nur dann, wenn Modul- und Motorbetriebsspannung gleich groß waren. Und wenn es funktionierte, war der Effekt wenig überzeugend. Kein großes Schiff lässt die Antriebsaggregate aufheulen wie ein Moped.

Also habe ich mich an die Arbeit gemacht und das Motorengeräusch selbst entwickelt. Das erste Geräusch war für den Lastkahn bestimmt. Originale Motorgeräusche habe ich mir am Rhein genau angehört und schnell zwei Grundgeräusche herausgehört: Container- und Tankschiffe fuhren mit einem tiefen Summen an mir vorbei. Ich schloss daraus, dass diese Schiffe von einer Turbine angerieben werden. Die meisten Lastkähne mittlerer Größe – Vorbilder für die Monika – produzierten das typische Blubbern eines Flussschiff-Dieselaggregats. Alle vorbeifahrenden Schiffe haben übrigens die Drehzahl der Maschinen nicht geändert, solange ich sie verfolgen konnte.

Mit diesen Erkenntnissen konnte ich die Eigenschaften der zu bauenden Geräuschmodule beschreiben:

Anforderungen an das Geräusch

Die prinzipielle Realisierung

Die Umsetzung

Generatoren

Als Generatoren habe ich freischwingende Multivibratoren gewählt. Die Schaltungen bestehen aus diskreten Bauteilen, also aus Transistoren, Widerständen und Kondensatoren. MVn sind bestens geeignet, durch Variation eines Basiswiderstandes die Grundfrequenz zu ändern. Die Schaltungen sind grundsätzlich unproblematisch und bleiben auch über Jahre hinweg stabil. Hier verwende ich zwei VCOs, deren Frequenzen ich so gewählt habe, dass sich das Geräusch wie ein blubbernder Diesel im Leerlauf anhört. Für die Drehzahlerhöhung bieten sich mehrere Methoden an. Favorit war schließlich eine Relaisschaltung.

In einer Skizze, in der ich einige Versuche festgehalten hatte, sieht man oben links den Basiswiderstand, der aus zwei in Reihe geschalteten Widerständen besteht. Überbrückt man den dafür vorgesehenen Teilwiderstand, erhöht sich die Frequenz. Die Zunahme ist von der Größe des Widerstands abhängig. Ein Kondensator bringt den Gleiteffekt. Die eigentlche Schaltung sah aber dann doch etwas anders aus.

Tongenerator, Schaltplan-Skizze

Relais haben einen Riesenvorteil gegenüber elekronischen Substituten: Sie trennen hunderprozentig die Stromkreise. So ist es relativ einfach, die aktuelle Motorbetriebsspannung (Spannungsdifferenz) abzugreifen, die ja ohne Massebezug vom Fahrtenregler geliefert wird. Mit dieser Spannungsdifferenz lässt sich ein kleiner Relaistreiber ansteuern. Die meisten Kleinleistungsrelais verfügen mindestens über zwei Umschalter, benötigt wird allerdings vorerst nur ein Schließer.

Als besonders geeignet haben sich alte Postrelais erwiesen. Sie nehmen sehr wenig Strom auf, arbeiten schon mit wesentlich kleinerern Spannungen als die geforderten Betriebsspanungen und bieten mindestens 6 Umschalter.

Relais in der Monika

Ein solches Relais habe ich für den Lastkahn verwendet; es ist der zylinderförmige Gegenstand in der Bildmitte.

Die kurze Hochfahrzeit der Motordrehzahlen realisiert man – wie schon erwähnt – mit der Verkleinerung eines Basiswiderstandes. Das geschieht durch Überbrücken eines Teilwiderstandes mit dem Schließontakt des Relais. Damit die Überbrückung nicht wie ein Schaltvorgang wirkt, hilft ein Kondensator, die Basisspannung nach der Aufladekurve (e-Funktion) etwas zu verzögern. Soll die Drehzahl wieder gedrosselt werden, sorgt ein kleines Netzwerk aus Widerständen und einem weiteren Kondensator dafür, dass dieser Regelvorgang länger dauert als das Hochfahren. Die Verstärkung wird mit zwei in Reihe geschalteten Emitterwiderständen geregelt:

VCA

Für den Dieselsound braucht man Filter. Ein Bandpass hebt das für Dieselmotoren typische Frequenzgebiet an und ein Tiefpass unterdrückt die zahlreichen Obertöne der Rechteckschwingungen.

Rauschen

Man kann den Sound zusätzlich mit Rauschen anreichern. Das funktioniert allerdings nicht, indem man Rauschen nur zumischt. Man braucht dazu einen geeigneten Einspielpunkt, um das Rauschen den Generatorschwingungen aufzumodulieren. Der Effekt ist, dass das Geräusch ein wenig schärfer und metallischer klingt.

Lautsprecher

Alle Bemühungen bleiben wertlos, wenn man im Schiff keine optimale Position für einen Lautsprecher findet. Bei dem Lastkahn war das unproblematisch:

Innenleben der Monika

Der Lautsprecher wird wie in einer geschlossenen Box betrieben. So vermeidet man einen akustischen Kurzschluss. Außerdem lassen sich nur so tiefe Frequenzen abstrahlen. Für einen druckvollen Sound, der dem Modell gerecht wird, reichen ca. 5 Watt völlig aus. Übrigens: Der Lastkahn ist im Maßstab 1:33 gebaut und ist 1,2 Meter lang.

Viel geredet über Geräusche, hier eine kleine Hörprobe: Leerlauf, Hochfahren, Rückfall in den Leerlauf.


Das Typhon für die S. LEEMAN

Das Typhon war ursprünglich in der SOUTHERN BELLE eingebaut. Da das Schiff aber über die Jahre mehr und mehr ausgeschlachet wurde, wanderte das Modul irgendwann in den Dampfer S. LEEMAN.

Anforderung

Das Signal soll ein Dreiklang sein. Die Tonhöhen der drei Generatoren sollen gleichzeitig ansteigen, um wieviel, das sollte empirische ermittelt werden. Der Klang muss obertonarm sein, also kommen nur Sinus- oder Dreiecksschwingungen in Frage.

Realisierung

Multivibratoren als Generator sind hier weniger geeignet, denn die Rechteckschwingungen sind sehr obertonreich und erforderten eine aufwändige Filterung. Deshalb habe ich Phasenschiebergeneratoren gewählt.

Diese Generatoren liefern sinusförmige Spannugsverläufe. Das Prinzip ist simpel: Drei baugleiche RC-Glieder koppeln die Grundfrequenz mittels Phasenverschiebung zurück. Die dann einsetzende Rückkoppelung ist der gewünschte Generatorton. Ein Nachteil der Schaltung ist hier willkommen: Die Frequenz ist in engen Bereichen der Versorgungsspannung proportional.

Das gleitende Ansteigen der Tonhöhen erreicht man daher ohne großen Aufwand: Das Typhon wird mit Anlegen der Versorgungsspannung aktiviert. Diese Spannung erreicht ihr Maximum aber nicht sofort, sondern erst, wenn der Kondensator (470 μF) über den Regelwiderstand (1 kOhm) aufgeladen ist. Der Kondensator kann sich nach Abschalten der Spannung über den Parallelwiderstand (1 kOhm) relativ schnell wieder entladen.

Dampfpfeife (Schaltung)

Die Schaltung funktioniert jetzt schon über 25 Jahre absolut zuverlässig.

Und so hört sich das Typhon an:


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